Verdacht auf Kindesmissbrauch: Verfahren eingestellt
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Vielleicht liegt es an der Nähe zu Wien, eventuell am sehr modernen Gerichtsgebäude. Fest steht jedenfalls, dass man am Landesgericht Eisenstadt auch bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch offenbar neue, moderne Wege beschreitet.
So wurde mit der kontradiktorischen Einvernahme Diplom-Psychologe Holger Eich aus Wien betraut. Sehr professionell und einfühlsam befragte er die beiden minderjährigen "Opfer" zum Sachverhalt, doch stellten sich schon bei der Einvernahme erste Zweifel ein. Die Situation konnte nur sehr ungenau beschrieben werden, bei den Details kam es dann zu Ungereimtheiten.
Auch ich als Vertrauensperson des Beschuldigten bekam die Möglichkeit (natürlich über den Anwalt) ein paar Fragen zu stellen, wobei sich dann heraustellte, dass die Behauptungen der beiden Zeugen nicht stimmen konnten. Laut Aussage der beiden schliefen sie im selben Zimmer in einem Stockbett. Der Bruder schlief immer unten und die Schwester immer oben. So konnte der Bruder als Zeuge sogar den Vorfall beschreiben, als der Beschuldigte eines Abends ins Zimmer kam und zum Stockbett ging. Dann soll er, ohne auf die Leiter zu steigen, seiner Schwester den Finger hineingesteckt haben.
Nach kurzem Hinterfragen der Höhe des Stockbettes und der Größe des Beschuldigten konnte man schon ziemlich sicher darauf schließen, dass sich das ganze nicht so abgespielt haben kann.
Doch das letzte Wort sollte der Sachverständige sprechen. Der legte in annehmbarer Zeit ein erstklassiges, aussagepsychologisches Gutachten vor. Ein Gutachten wie aus dem Lehrbuch, übersichtlich aufgebaut, klare nachvollziehbare Schlussfolgerungen und viele Literaturhinweise, die Sachkundigen ohnehin geläufig sein sollten.
Alles in allem eine mustergültige Voruntersuchung, wo sich natürlich die Frage stellt, warum es sich in anderen Bundesländern (ausgenommen im heiligen Land Tirol) bis heute noch nicht herumgesprochen hat, dass es Aussagepsychologen gibt und welche Arbeit diese leisten.
In Deutschland hat der Bundesgerichtshof in Verfahren wegen dem Verdacht des sexuellen Missbrauches, schon 1999 entschieden, dass ein aussagepsychologisches Gutachten jedenfalls gemacht werden muss.
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