Prof. Dr. Karla Etschenberg warnte auf dem "Forum Familie" der Initiative Familienschutz in Stuttgart am 18. Oktober 2014 vor Elisabeth Tuider & Co. (»Sexualpädagogik der Vielfalt«) weil diese Leute ihre eigene Agenda verfolgen, ohne sie offenzulegen. Expertin Karla Etschenberg rät: Gegen sie ist Widerstand angesagt, nicht gegen Bildungspläne.
Der Vorsitzende des baden-württembergischen Philologenverbandes Bernd Saur hat kürzlich für Aufregung gesorgt: In einem Gastbeitrag für das Magazin Focus hatte er geschrieben, bei der Thematisierung von »Spermaschlucken, Dirty Talking, Oral- und Analverkehr und sonstige Sexualpraktiken inklusive Gruppensex-Konstellationen, Lieblingsstellung oder die wichtige Frage ›Wie betreibt man einen Puff‹« im Unterricht handele es sich um eine »erzwungene Entblößung« und »eine staatlich sanktionierte Vergewaltigung der Kinderseele, ein Überstülpen von Neigungen und Phantasien Erwachsener auf Schulkinder«. Das, »was Gender-Sexualpädagogen, neoemanzipatorische Sexualforscher und andere postmoderne Entgrenzer« in den Unterricht einbringen wollten, beklagte er, »sprengt eindeutig den Rahmen dessen, was Kindern zugemutet werden darf«.
Doch mit diesen Äußerungen hat Saur zwei Themen vermengt, die besser auseinandergehalten werden sollten, sagt Karla Etschenberg im Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit. Sie weist darauf hin, dass Saur den baden-württembergischen Bildungsplan der grün-roten Landesregierung kritisiert, aber aus dem berüchtigten Band »Sexualpädagogik der Vielfalt« von Elisabeth Tuider & Co. zitiert.
Obwohl Etschenberg, eine emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaften, den Bildungsplan – eigentlich: die Bildungspläne, weil andere Bundesländer ähnliches vorhaben – gegen Kritik in Schutz nimmt, will sie gleichwohl keine Entwarnung blasen. Sie sieht die Grenze zwischen den Absichten von Sexualpädagogen vom Schlage Tuiders und dem tatsächlich in den Schulen durchgeführten Unterricht nicht eindeutig genug gezogen. Sie warnt: »Wenn es den Autoren von ›Sexualpädagogik der Vielfalt‹ und der dahinterstehenden ›sexualpädagogischen Lehrmeinung‹ gelingt, ihre Vorstellungen von ›Akzeptanzförderung sexueller Vielfalt‹ in unseren Schulen zu etablieren, dann bekommt Herr Saur doch noch recht!«
Etschenberg erklärt im Interview, wo die Grenze zwischen wünschenswertem Sexualkundeunterricht und abzulehnender Indoktrinierung von Minderjährigen liegt: »Akzeptanzförderung im harmlosen Sinne« sei keine Frühsexualisierung, sondern diene unter anderem dazu, homosexuelle Mitschüler in ihrer Entwicklung zu fördern, über die Funktionen des menschlichen Körpers oder Verhütungsmittel aufzuklären. »Ein Kind darf im Unterricht durchaus erfahren, was ein Dildo ist«, meint sie. Wenn es aber darum gehe, »etwa durch Preisgeben eigener sexueller Vorlieben und erotisierende Methoden wie etwa Streichelübungen« die Schamgrenzen der Schüler zu senken, müsse man einschreiten: »Damit wird die Grenze der wünschenswerten Aufklärung überschritten.«
Problematisch ist in Etschenbergs Meinung, dass die Verfasser von Bildungsplänen, zahlreiche Politiker und auch breite Teile der Bevölkerung eine ganz andere Auffassung von der vermeintlichen Aufklärungsarbeit schulfremder »Experten« haben als diese Experten selbst. Wie in den sechziger Jahren würden sie jetzt mit einer eigenen Agenda an den Schulen auftauchen und unter dem weithin akzeptierten und in den Bildungsplänen formulierten Bildungszielen ihre eigenen Interessen verfolgen. Ganz offen vermutet sie im Falle des baden-württembergischen Bildungsplans, dass die Stellen, um die gerade so heftig diskutiert werden, von interessierter Seite eingeschleust wurden. »Man fragt sich, ob vielleicht – und wenn ja, welche – Lobbyisten das in den Plan hineingedrückt haben.«
Den Kritikern der neuen Sexualpädagogik, die sich gegenwärtig erfolgreich Gehör verschafft, gibt Etschenberg einen guten Rat mit auf den Weg. Der geht nicht dahin, dass man sich nicht wehren sollte gegen die Überforderung von Kindern durch Frühsexualisierung und schamverletzenden Unterricht. Sondern er weist darauf hin, dass das Ziel der Kritik genauer formuliert werden muss. Als Schlussfolgerung aus ihrer Markierung der Grenze zwischen akzeptablem Unterricht und nicht-akzeptabler Grenzüberschreitung lautet: »Nicht Bildungspläne sind das Problem, sondern dass immer mehr Initiativen in die Schulen drängen, deren Interessen und Ziele nicht transparent sind. Da ist Widerstand angesagt.«
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